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Aachen das Oxford der karolingischen Epoche

Im Herzen seines Imperiums sollte ein repräsentativer Herrschaftssitz entstehen, der eines Kaisers würdig war. Ein Zentrum der Macht und der Kultur.  Stets auf Reisen, immer unterwegs – das war die Lebensweise der frühmittelalterlichen Könige. Zwar gab es schon unter den Merowingern Pfalzen auf dem Lande, in denen sie sich größere Teile des Jahres aufhielten, doch zur Sicherung ihres Reichs mussten sich die Könige immer wieder in den Sattel schwingen. Dann residierten sie samt Tross an verschiedenen Orten, mal am Hof eines Bischofs, mal in einem Kloster.   Ob Karl der Große dieses unstete Leben satt hatte? Man weiß es nicht genau. Jedenfalls zog er sich seit etwa 795 immer öfter in die alte Römersiedlung Aachen, erstmals 765 als „Aquis villa“ erwähnt, zurück. Gerade in der kalten Jahreszeit hielt er sich dort gerne auf: 19 Mal war die Stadt Karls Stützpunkt zum Überwintern.   Aachen hatte in den Augen von Karl wohl zwei entscheidende Vorzüge: Zum einen konnte er in den großen Wäldern seiner Jagdleidenschaft frönen, zum anderen liebte er die heißen Quellen. Und so scheint er irgendwann den Entschluss gefasst zu haben, es zu seiner neuen Hauptstadt zu machen. Der Plan: Hier sollt das neue geistige Zentrum der christlichen Welt, eine Art „neues Rom“ nördlich der Alpen, entstehen.   Zu diesem Zweck ließ Karl in Aachen nach und nach zahlreiche Bauten errichten: unter anderem die Königshalle (aula regia), die Pfalzkapelle, den Granusturm als Wohnturm, einen Mittelbau mit Hofschule, einen Vorhof und Gerichtssäle. Die achteckige Pfalzkapelle, der heutige Aachener Dom, war ein herausragendes und repräsentatives Kunstwerk ihrer Zeit. Sie hat mehrere architektonische Vorbilder. Vor allem die Bezüge zur Kirche San Vitale in Ravenna, der Hauptstadt des Ostgotenreichs, und zur Palastkapelle im kaiserlichen Palast in Konstantinopel machen klar, in welche Nachfolge sich Karl mit der neuen Hauptstadt stellen wollte.  Aus Rom und Ravenna ließ Karl Säulen, Kapitelle sowie kostbaren Edelmarmor herbeibringen und 801 holte er gar die Reiterstatue des Ostgotenkönigs Theoderich von Ravenna nach Aachen. Nach der Kaiserkrönung in Rom im Jahr 800 zog Karl endgültig in seine gut ausgestattete Kaiserpfalz ein und machte sie zu seiner dauerhaften Residenz.  Nach den Jahren der Völkerwanderung war es eine Explosion, die sich in der Herrschaftszeit von Karl dem Großen auf dem Gebiet von Kultur und Kunst ereignete. Der wissbegierige Kaiser förderte Wissenschaft und Bildung, leitete eine Besinnung auf die lateinische Sprache und Literatur ein, unterstützte die Wiederentstehung eines funktionierenden Buchwesens und gab wichtige Impulse für Kunst und Architektur.  Aus aller Herren Länder holte Karl hierfür die besten Gelehrten herbei: Der vielleicht Wichtigste unter ihnen war der Angelsachse Alkuin von York, der als Genius der Epoche die wesentlichen Reformen Karls verantwortete und als Leiter der Hofschule Karls sein Wissen an zahlreiche Schüler weitergab. Unter vielen sind hier zu nennen: die Langobarden Paulinus und Paulus Diaconus aus Italien, der Westgote Theodulf von Orléans aus Spanien oder Clemens Scottus und Dungal von St. Denis aus Irland. Es ist schon faszinierend, dass ausgerechnet ein Kaiser Kultur und Wissenschaft so voranbrachte, über dessen Schreibfähigkeit die Historiker noch heute streiten. Doch gerade ihm war der Wildwuchs, der sich in seinem Reich breitmachte, ein Dorn im Auge. Etwa wenn, wie Bonifatius berichtete, ein bayerischer Priester um 750 die Taufformel in ein „in nomine patria et filia et spiritus sancti“ verhunzte, wenn er also „im Namen Vaterland und Tochter des heiligen Geistes“ taufte.  Karl war der Meinung, dass nur Gebete in korrekter Sprache auch erhört werden könnten und dass nur die Kenntnis des richtigen Wortlauts von Bibel und religiösen Texten den rechten Glauben hervorbringen würde. Als Hüter der Christenheit fühlte sich Karl verantwortlich für den richtigen Glauben in seinem Reich.  Neben der renovatio, der Erneuerung des Glaubens, hatten seine Reformen jedoch noch einen weiteren Zweck: die Vereinheitlichung und Rationalisierung des riesigen, weitverzweigten Reichs. Drei Beispiele zeigen dies: die karolingische Bildungsreform, die Schaffung einer einheitlichen Schrift und die Festlegung eines universalen Kalenders.  In einer groß angelegten Bildungsreform wurde die Ausbildung von Klerikern und Gelehrten im ganzen Reich angeregt, vereinheitlicht und verbessert. Für die Hofschule fertigten Alkuin und seine gelehrten Mitstreiter theologisch, liturgische und grammatische Mustertexte, Lehrbücher und Gutachten an. In der Folge sorgten sie dafür, dass im ganzen Land Dom- und Klosterschulen errichtet wurden.   Da in den neu gegründeten Lehranstalten großer Mangel an lateinischen Originaltexten herrschte, wurde durch beharrliches Abschreiben und Austauschen der noch vorhandenen antiken und religiösen Texte der Nachschub an Bildungsmaterial in korrektem Latein nach und nach vergrößert. Alle verfügbaren Handschriften waren dabei von Interesse – ob nun die alten Kirchenväter wie Augustinus, Ambrosius oder Hieronymus, oder auch die Texte der klassischen lateinischen Autoren wie Plinius, Sallust oder Cicero. Gesammelt wurden sie in der Hofbibliothek.  Da zunächst regional unterschiedliche Schriftarten verwendet wurden und die Texte deshalb nicht überall gelesen werden konnten, beauftragte Karl Alkuin mit der Entwicklung eines einheitlichen Schrifttyps. Es sollte eine schnell und mühelos zu schreibende Schrift mit einem einheitlichen Alphabet sein: Ergebnis war die karolingische Minuskel. Sie verdrängte schnell alle anderen Schriften und bildet die Grundlage für unsere heutigen Schreibschriften.  Auch die Einführung eines einheitlichen Kalenders, der insbesondere die kirchlichen Festtage eindeutig festlegte, diente dem Zweck einer gemeinsamen Zeitrechnung im Frankenreich. Zentrum der Gelehrsamkeit waren zu Karls Zeiten die Schulen und Skriptorien der Klöster. Neben der Bibel und religiösen Traktaten studierte man hier Werke heidnischer Gelehrter, ob nun philosophische oder naturwissenschaftliche Texte oder auch Traktate zu Medizin, Technik oder Landwirtschaft. Anhand dieser Texte bildete sich schon zu Lebzeiten Karls ein Publikum heraus, das für Disputationen und Diskussionen offen war.   Der Drang des „Bescheidwissenwollens“ über die Welt, der über das Mittelalter zur Aufklärung und in die Moderne führte, hat in den Skriptorien und Klosterschulen der Karolingerzeit seinen Ursprung. Eifrig wurden in den Skriptorien Bücher durch Abschreiben vervielfältigt. Karl warnte davor, diese Tätigkeit jungen Mönchen anzuvertrauen: „Wenn ein Evangelienbuch, ein Psalter oder ein Messbuch abgeschrieben werden muss, dann lasst es reife Männer tun, die dabei Sorgfalt walten lassen.“  Zeugnisse des kulturellen Aufschwungs sind bis heute neben den Kunstwerken der Buchmalerei auch Elfenbeinschnitzereien oder fein gearbeitete Buchdeckel und sakrale Gerätschaften aus Metall. Auch die Architektur nahm einen enormen Aufschwung. Kirchen und Klosterbauten, aber auch Repräsentationsbauten wie die Torhalle in Lorsch zeugen vom Gestaltungswillen der Karolingerzeit.  Vielfach wird diese Bewegung der Erneuerung von Bildung, Kunst und Kultur als „karolingische Renaissance“ bezeichnet. Vor allem wegen ihrer zahrleichen Rückgriffe auf klassisches Wissen könnte man auf die Idee einer gezielten Wiedergeburt der Antike kommen. Doch Karl der Große und seine frommen Mitstreiter hatten keine Wiederbelebung der klassischen – und damit heidnischen – Antike im Sinn. Vielmehr ging es ihnen bei ihren Bemühungen vor allem um den rechten Glauben, die richtige Bibelauslegung und eine vereinheitlichte Liturgie.

Kategorien:
Geschichte
Auftragsart:
Sonstige Aufgaben
Bearbeitungszeit bis
16.01.2020
Arbeitsumfang
5 Seiten (Din A4)
Inserats-ID
202022919
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Erstellt von horace96 vor 4 Jahren
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