Das Ziel der Erziehung. Betrachtungen über „Demokratie und Erziehung“ von J. Dewey.

Kern des Denkens eines der prominentesten Vertreter des philosophischen Pragmatismus, John Dewey, war die Auseinandersetzung mit dem ethischen Ideal der Demokratie in ihrem normativen Zusammenhang mit Erziehung und Bildung. Erziehung und Bildung werden hier als ein ständiger kommunikativer Austausch der Erfahrung begriffen, die zum Selbsterneuerungsprozess des geistigen Lebens einer Gesellschaft führen.

Erstellt von 01467856 vor 7 Jahren
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In seinem Democracy and Education wird der Begriff der Demokratie deshalb nicht nur im engeren Sinne als eine Regierungsform verstanden, sondern als eine sittliche Lebensordnung der Gesellschaft vorgestellt, innerhalb deren die Handlungen und Erfahrungen aller Mitglieder mittels offener Kommunikation wechselseitig fruchtbar gemacht werden. Diese in die und durch die Demokratie zirkulierende freie Kommunikation stellt die soziale Bedingung der Möglichkeit der Entwicklung individueller persönlicher Veranlagungen. Hier geht es deshalb um eine bestimmte Idee des Zusammenlebens, oder anders gesagt, die Demokratie wird hier in einem umfassenderen Sinn als individuell geführte, aber mit anderen geteilte Lebensform konzipiert. Auf diese Art wird die Idee der Demokratie im Rahmen einer Ethisierung des gesellschaftlichen Zusammenlebens eingebettet, in der die Erziehung eine spezifische Schlüsselfunktion übernimmt. Gerade aus dem Grund, dass Demokratie nicht nur einen Mechanismus politischer Institution repräsentiert, sondern auf ein praktisches Lebensideal hinweist, braucht man die Konzeption einer angemessenen, und zwar demokratischen, Erziehungsform. Der Begriff von Erziehung selbst aber verfügt ebenso im Deweyschen Sinn über eine engere und eine umfassende Bedeutung. Mit Erziehung ist hier nicht nur die soziale Funktion – als formale Erziehung – gemeint, die die Schule oder ähnliche Institutionen ausüben, indem sie Kenntnisse, Fertigkeiten und Wissen vermitteln. Der Begriff der Erziehung wird vielmehr von Dewey im Rahmen eines umfassenden Ideals von kollektiver Bildung begriffen, das auf dem Potential der Vermittlung und Entwicklung einer kollektiv geteilten Intelligenz beruht. Die Hauptthese von Dewey lautet, Erziehung sei die wichtigste und grundlegendste Methode und Werkzeug des sozialen, kulturellen Fortschritts; daher stellt ihre Gewährleistung eine sittliche soziale Pflicht dar. Erst anhand dieser Prämissen setzt sich Dewey mit der pragmatischen Frage auseinander, wie Erziehung im engeren Sinne, d.h. vor allem die Schule, in einer demokratischen Gesellschaft aussehen sollte. Den Gesichtspunkt der „geteilten Erfahrung“ der Mitglieder einer demokratisch zu nennenden Gesellschaft fasst Dewey als einen pädagogischen Ansatz auf, der auf der Erfahrung einer systematischen Anwendung des Gelernten in der Praxis innerhalb des sozialen Miniaturuniversums der Schule und einem entsprechenden Reflektieren des daraus entstandenen Lernprozesses beruht. Ziel der Schule bei demokratischer Erziehung ist deshalb die Schaffung eines sozialen Raums, der es jungen Leuten ermöglicht, „Erfahrung“ zu machen. In den nachfolgenden Betrachtungen möchte ich die wesentlichen Merkmale der Bestimmung von Erziehungszielen bei Dewey analysieren, um den normativen Kern der Deweyschen Erziehungstheorie zum Ausdruck zu bringen.

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