Referenz

Hallo,

ich habe Erziehungswissenschaften und Philosophie studiert und später im Bereich Bildungswissenschaften promoviert.

Erstellt von in-nomine vor 10 Jahren
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In meiner bisherigen akademischen Zeit habe ich zahlreiche Arbeiten geschrieben und darüber hinaus viel im nationalen und internationalen Rahmen publiziert. Ich freue mich darauf, Ihnen bei Ihren eigenen Arbeit weiterzuhelfen.

Anbei finden Sie einen kleinen Ausschnitt aus einem meiner Texte:

[...]

Wir sehen bei Kerschensteiner eine deutliche Verbindung zwischen Bildung und Ökonomie. Bildung meint Wertgenerierung – bei Kerschensteiner sicher nicht nur im ökonomischen Sinne. Der Mensch, der sich über Arbeit zum Kulturgut macht, der sich in die Kulturwerte hineinarbeitet, macht sich zu mehr, als nur zum ökonomischen Wert – es sei denn, wir leben in einer Zeit, in der sämtliche Kulturwerte letztlich in Geld aufgewogen werden. Man denke nur an den Studenten, der sich kurz vor dem Ende seines Studiums sozial engagiert. Nicht etwa, weil er es als Mensch für bedeutsam erachtet, anderen Menschen, denen es weniger gut geht, zu helfen, sondern weil er sich damit bessere Jobchancen ausrechnet. Letztlich zahlt es sich also im wahrsten Sinne des Wortes aus, auch mal an andere zu denken.

Die Nähe von Bildung und Ökonomie ist historisch bedingt, und auf diese Bedingungen werde ich im Folgenden eingehen. Dazu macht es Sinn, gedanklich zurück in die Zeit vor die preußischen Reformen zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu reisen. Es war eine Zeit, die wir im Grunde genommen als eine feudale Ständegesellschaft beschreiben können. Bezeichnend für diese Gesellschaftsform war eine fehlende wirtschaftliche Dynamik. Einen nicht zu unterschätzenden Grund für diesen Mangel an Dynamik sieht der Darmstädter Historiker Christof Dipper in einer psychologisch-bedingten Skepsis gegenüber raschen Veränderungen. Schnelle Veränderungen kannten die Menschen im Zusammenhang mit Missernten, Seuchen, Kriegen etc. und führten nicht selten zu Katastrophen (vgl. DIPPER 1991, 84). Auch aus diesem Grund orientierten sich die Menschen am Gegebenen, an dem, was man im platonischen Sinne das rechte Maß nennen könnte. In Platons Staatskonzeption ging es ja im Kern darum, eine Gesellschaft, bestehend aus realen Menschen, entsprechend der Vorstellung eines idealen Staates zu gestalten. Auch hier war es entscheidend, Extremen entgegenzuwirken und sich an der Idee der Vollkommenheit zu orientieren, wobei das Vollkommene als das Rechte, das Maßvolle galt.

Auf dem Land gab es keine besonderen technischen bzw. ökonomischen Entwicklungen. Die Leibeigenschaft klammerte die Landbewohner an ihre Scholle. Sie verrichteten nahezu dieselbe Arbeit in nahezu derselben Weise, wie das bereits ihre Väter und Vorväter getan haben. Ihr Arbeitsrhythmus war maßgeblich an die äußere Natur gebunden, an die Witterungsverhältnisse, die Jahreszeiten, den Tag-Nacht-Rhythmus. Das Land, dem sie zugehörten, zu verlassen, um sich etwa in der Stadt einen (anderen) Beruf zu suchen, war den allermeisten Menschen nicht möglich. Sie waren schlichtweg unfrei. In den Städten war es nicht viel anders. Die jeweiligen Zünfte hatten feste Regeln, diese Regeln schützen einerseits die Mitglieder der Zunft – beispielsweise vor Konkurrenz – verhinderten aber andererseits eine Dynamik des technischen Fortschritts. Eine Neu- und Weiterentwicklung von Werkzeug und Verfahrenstechnik fand kaum statt (vgl. Scheuer 2007a, 29). Auf dem Land war es also die feudale Struktur, welche die subjektive Produktionsbedingung (die menschliche Arbeitskraft) an die objektiven Produktionsbedingungen (die Werkzeuge und Geräte, aber auch das zu bestellende Land) fesselte. Wohingegen in den Städten das strenge Regelwerk der Zünfte eine Entfesselung der Produktivkräfte verhinderte. Die Voraussetzung für eine Dynamisierung der Produktivkraftentwicklung war ein modernes Verständnis von Eigentum. Der einzelne Mensch musste in die Lage versetzt werden, über seine eigene Arbeitskraft zu verfügen, dazu aber muss er sich erst einmal selbst gehören, kurzum: er muss von der Leibeigenschaft befreit werden.

In Preußen fand diese Befreiung mit den Reformen in den Jahren 1807 – 1813 statt. Die 1807 beschlossene Agrarreform war diejenige, die faktisch die Aufhebung der Leibeigenschaft bedeutete. Sie war insbesondere für die Menschen auf dem Land entscheidend. Mit diesem Befreien ging ein „Frei-sein“ von den objektiven Produktionsbedingungen einher. Der Freie war nun auch frei von dem Land, zu dem er einst noch gehörte und das er zu bearbeiten hatte. Die Sachmittel, die er zur Verwirklichung seiner eigenen Arbeitskraft dringend benötigte, standen ihm fortan nicht mehr zur Verfügung. Für die Menschen in den Städten führte die 1810 beschlossene Gewerbereform zur Aufhebung der Zunftordnungen. Damit ging nicht nur eine freie Berufswahl einher, sondern auch eine Freiheit in der Art und Weise, wie beispielsweise ein Handwerk ausgeübt, welche Technik verwendet wurde usw. Eine neue Qualität der Konkurrenz wurde eröffnet, die für einige den Untergang bedeutete, aber insgesamt zu einem entfesselten technischen Fortschritt führte (vgl. Scheuer 2007a, 132f.). ...

Viele Grüße!

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