Self-Publishing - ein Blick in den Abgrund des Schreibens

Es ist groß in Mode, das Self-Publishing von Büchern aller Art. Während es früher fast unmöglich oder zumindest sehr teuer war, ein Buch völlig talentfrei auf den Markt zu bringen, können jetzt auch Tante Frieda und Opa Hugo Bücher veröffentlichen. Und zum Leidwesen des nun nicht mehr geneigten Lesers - sie tun es auch. Für mehr oder weniger Geld bringen sie ihre Memoiren aus der Gartenlaube, die neuesten Marmeladerezepte und den Campingurlaub zu echtem oder virtuellem Papier. Nun, nicht alle dieser Autoren sind Vergewaltiger der deutschen Sprache. Denn ab und an verbirgt sich hinter den Buchdeckeln auch ein Könner, der es satt hat, vergeblich und immer wieder renommierte Verlage auf Knien anzuflehen. Aber diese Könner sind in der absoluten Minderheit, verglichen mit den Schreibtriebtätern des neuen Jahrtausends.
Erstellt vor 11 Jahren
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Deren Machwerke aller Genres warten auf mehr oder minder masochistisch veranlagte Käufer, und immer wieder fallen diese unbedarften Lesesüchtigen darauf herein. Tante Frieda schreibt lustvoll und aus dem Bauch heraus, doch sie verzichtet dabei aber leider auf Plot, Grammatik und Logik. Und wenn Onkel Hugo seine Midlife-Crisis in einem Liebeslyrik-Band austobt, spätestens dann dreht sich Heinrich Heine im Grabe herum. Es gehört fast schon zum guten Ton, ein eigenes Buch herausgebracht zu haben. Es sind nicht nur unbedarfte Schreibtischtäter wie Tante Frieda oder Onkel Hugo, die literaturbegeisterte Leser fassungslos zurücklassen. Oh, nein, es sind leider auch die Intellektuelle und Studierte, die meinen, ihren peinlichen literarischen Senf dazugeben zu müssen. Von den Stars, Sternchen und B-Promis mal abgesehen, denn die lassen meist arbeiten und geben ihre spektakulären Bettgeschichten wenigstens noch bei Profis in Auftrag. Wer sich also einmal oder auch auf Dauer ordentlich blamieren möchte - der schreibe ein Buch. Das ist die todsichere Möglichkeit, heutzutage negativ aufzufallen. Schriftsteller zu werden ist nicht schwer, einer zu sein, dagegen sehr. Und selbst eine Hedwig Courths-Mahler erscheint plötzlich in einem ganz anderen Bild.
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