Handlungstheoretische Überlegungen zum Warentausch in Nepal - Kapitel 3: Beschreibung des Handels mit Heil- und Nutzpflanzen zwischen Nepal und Nordindien

Aufgrund seiner geographischen Lage zwischen Tibet und Indien war und ist Nepal Einflüssen beider Kulturkreise ausgesetzt. Während die Beziehung zwischen Nepal und Tibet als kultureller Austausch bezeichnet werden kann, sind die Rollen in der Beziehung zwischen Nepal und Nordindien klarer verteilt: Indien ist eindeutig Impulsgeber, Nepal der aufnehmende Part (Sharma, 1983: 3-4).

Erstellt vor 7 Jahren

Die beiden Nachbargebiete waren und sind auch Handelspartner, die Einwohner Nepals profitieren also sowohl von nordwärts gerichteten Handelsrouten nach Tibet als auch von den Handelsbeziehungen zum südlich gelegenen Nordindien. Der Handel mit Tibet wurde jedoch während des Kalten Krieges durch Grenzschließungen stellenweise unmöglich gemacht und war stärker von der politischen Situation abhängig als der Warentausch entlang der Südrouten (Van Spengen, 1987: 111). Solche auf lokaler Ebene kaum zu beeinflussenden Faktoren sind zwar einerseits ein Beispiel für den Einfluss übergeordneter Strukturen auf die Handlungsmöglichkeiten eines Individuums (dem Händler) oder einer überschaubaren Sozialstruktur wie ein größtenteils vom Handel lebendes Dorf, allerdings sind sie für die Erklärung der Funktionsweise von gewachsenen Handlungsstrukturen auf lokaler Ebene eher hinderlich, da das Öffnen und Schließen der Staatsgrenze eindeutig auf höheren Ebenen entschieden wird. Dies ist der Hauptgrund, weshalb die folgenden Kapitel sich auf den Handel zwischen Nepal und Nordindien konzentrieren werden.

Des Weiteren ist die große ethnische und kulturelle Heterogenität Nepals hervorzuheben. Sie hat vor allem historische Gründe, da auf dem Gebiet des heutigen Nepal jahrhundertelang eine Fülle an Kleinkönigreichen existierte (Sharma, 1983: 1). In der Praxis führt dies beispielsweise dazu, dass die Volkszählung in Nepal im Jahr 2001 über 100 verschiedene Gruppenidentitäten erfasste. Die Unterschiede zwischen den Gruppen sind dabei religiöser, ethnischer oder linguistischer Natur. Außerdem spielt in Nepal, einem Land, in dem der Hinduismus lange Zeit Staatsreligion war, auch das Kastenwesen naturgemäß eine große Rolle (Dahal, 2003: 89 ff.). Somit muss davor gewarnt werden, von einzelnen ethnologischen und soziologischen Forschungsergebnissen auf Nepal als Ganzes zu schließen, was nur bei für einen Quervergleich ausreichenden Datenmengen bzw. Ergebnissen zulässig ist.

Eine häufig von Nepal nach Indien exportierte Warengruppe sind Heil- und Gewürzpflanzen. Sie werden meist wild gesammelt und erzielen im Verhältnis zu ihrem Gewicht hohe Erträge, weswegen sie leicht profitabel transportiert werden können. Dieses sind entscheidende Unterschiede zu landwirtschaftlich angebauten Nutzpflanzen wie beispielsweise Getreide. Es existieren Schätzungen, dass etwa 90% der gesammelten Kräuter nach Indien exportiert werden (Olsen und Bhattarai, 2005: 37).

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