Einmal Nordkap und zurück

Es gehe ja nicht um sie erklärt mir Gisela eindringlich, während sie ihren fülligen Körper auf den kurvigen, engen und von uns viel zu schnell befahrenden Straßen Nordnorwegens aufrecht zu halten versucht, sondern viel mehr um das Gemeinwohl der sich an Bord befindlichen Gäste, von denen einige doch wirklich dringend mal eine eine Toilette aufsuchen möchten.

Erstellt von klapperstuhl vor 9 Jahren
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Auf einem Ohr Musik hörend und aufmerksam schauend bedanke ich mich artig für diesen Hinweis ohne jedoch genauer hingehört zu haben. Bevor meine Augen wieder zufallen höre ich mich noch sagen, dass wir uns um das Problem kümmern werden und sie unbesorgt Platz nehmen könne. Mein türkischer Fahrer Gültan hat, wie er am Abend noch sagen wird, nichts davon mitbekommen - obwohl direkt neben mir sitzend - weshalb mich auch die gesamte Schuld des Malheurs treffe und ich somit auch alle Konsequenzen alleine zu tragen habe. Von solchen Worten in gebrochenem deutsch nach einem 13 Stunden Tag angetrieben begebe ich mich am Abend daran die Sauerei im Bus zu beseitigen. Frau F. hatte sich augenscheinlich in die Hose gemacht. Tags zuvor zeigte sie im Bus noch ihren Blasen-Katheter herum und erzählte voller stolz, dass sie ja schon 78 sei, drei Männer überlebt habe und jetzt nach der Herz-OP noch eine große Reise machen wolle. Im Hotel angekommen erklärt sie mir dann, dass sie leider etwas Wasser auf ihrem Sitz verschüttet habe mit der aus ihrem Blick ablesbaren implizierenden Frage, ob es denn nicht möglich sei für den morgigen Tag einen neuen Sitzplatz zu bekommen. Ich versuche mit einem "ich weiß, was wirklich passiert ist" Blick zu antworten, doch dieser wird von der obendrein noch äußerst kurzsichtigen Dame offensichtlich missverstanden, da sie sich lächelnd und dankend in Richtung Buffet verabschiedet.

Dieses Buch beschreibt eine 12-tägige Busfahrt mit vorwiegend Rentnern und in Frührente verabschiedeten Beamten aus der Sicht eines Reiseleiters. Von Hamburg über Dänemark, Schweden und Finnland zum Nordkap. Von da auf die Lofoten und wieder zurück nach Schweden, Dänemark und dann wieder nach Hamburg.

Es ist mit Sicherheit ein deutsches Phänomen, eine solche Reise überhaupt anzutreten, doch ein viel deutscheres sich im tiefsten finnischen Lappland darüber zu beklagen, dass es kein deutsches Fernsehen gebe oder aber auch die Fensterbänke viel zu schmal seien. Die weltberühmte Hurtigrute, eines der größten Aushängeschilder Norwegens als Eierschale zu beschimpfen, grenzt schön an Arroganz und kann mit einem schmunzeln abgetan werden oder aber auch erschreckend an die sich als etwas Besseres verstehenden Deutschen alter Tage erinnern. Auch die Frage, wie denn der Neger auf die Lofoten gelangt sei, mit Weisheit und Vernunft zu beantworten kann ziemlich herausfordern. Aber mit alten Menschen zu reisen ist schön. Es passieren auf solchen Busreisen unglaubliche Dinge, die man niemals erwarten würde. Zwölf Tage gemeinsam auf wenigen Quadratmetern verbringend zwingt jeden dazu nicht nur seine guten Seiten zeigen zu können, wobei die Seite des ein oder anderen doch ein wenig weniger gut zu sein scheint und vielleicht lieber verborgen geblieben wäre, doch dann wäre dieses Buch wohl nicht entstanden...

Dies ist das Vorwort zu meinem Buch. Ich schreibe viel und gerne. Wissenschaftlich verfasste Referenztexte können auf Anfrage gerne zugesandt werden.

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