Einleitung meiner These zum Thema: Keine Zeit für Gesundheit? Die Stellung Handwerklicher Unternehmer zum Thema Gesundheitsförderung im Kleinstbetrieb

Gesundheit am Arbeitsplatz –für lange Zeit war dies ausschließlich ein Thema des Arbeitsschutzes, und verkörperte eine gesetzliche Reglementierung einzuhaltender Normen und Vorschriften, die Unfälle und die Verursachung von Krankheit am Arbeitsplatz verhindern sollen.

Erstellt von Gesundheitsmanager vor 8 Jahren
Teilen
Spätestens seit der Luxemburger Deklaration zur betrieblichen Gesundheitsförderung (1987) ist ein Paradigmenwechsel in der Wissenschaft, den Betrieben als auch den staatlichen Organen von einer „Verhinderung von Krankheit“ zu einem „Erhalt von Gesundheit“ zu beobachten. Betriebliches Gesundheitsmanagement in Form von Präventivangeboten sowie betriebliche Restrukturierungsmaßnahmen sind inzwischen in 90% aller Betriebe mit über 1.000 Mitarbeitern vorzufinden (Sockoll, 2008). Ganz anders sieht es jedoch bei den Klein- und Kleinstbetrieben (KKU) aus, die immerhin 98% aller deutschen Unternehmen ausmachen: Weniger als 10% der Betriebe mit bis zu 50 Mitarbeitern geben an etwas für die Gesundheit der Mitarbeiter zu tun, das über die gesetzlichen Arbeitsschutzvorschriften hinausgeht (Hollederer, 2007). Die Problematik der Verbreitung von betrieblicher Gesundheitsförderung in kleinen Betrieben ist vielschichtig: zum einen stellt sich die Frage wie die vielen, kleinen Betriebe, in denen 33% aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer in Deutschland beschäftigt sind, zu dem Thema erreicht und informiert werden können. Zum anderen besteht ein Defizit an geeigneten Konzepten und Leitbildern zur Umsetzung von BGF in kleinen Betrieben, da die Erfahrung zeigt, dass Modelle des BGM in Großbetrieben auf die Strukturen von KKUs sich nicht übertragen lassen (Pröll, 2006).

Das Projekt PräTrans, beauftragt durch die Bundesagentur für Arbeit und Arbeitsschutz, versuchte, durch Befragungen sowohl von Beratern öffentlicher Stellen als auch von kleinbetrieblichen Unternehmern, herauszufinden, wie denn das Thema Gesundheitsförderung in kleinen Unternehmen besser verbreitet werden kann (Amann, 2010). Vor allem die gut vernetzten Beratungsstellen der Handwerkskammern und Innungen kamen in dem Projekt in Betracht für mögliche Transferpotentiale gesundheitlicher Themen (Maylandt, 2009). Bei der Frage wie kleinbetriebliches Gesundheitsmanagement (KBGM) in Zukunft mehr Verbreitung findet, sind handwerkliche Betriebe nicht nur aufgrund ihrer, für Kleinstbetriebe typischen, Struktur (Pröll, 2006) von großem Interesse: sie stellen auch 28% aller Ausbildungsstellen in Deutschland, circa jeder zehnte Deutsche arbeitet in einem handwerklichen Betrieb (Bayrischer Handwerkstag, 2012). Zusätzlich engagieren sich Unternehmen der Baubranche, in welcher viele Handwerksbetriebe vertreten sind, mit am Wenigsten in der Umsetzung gesundheitsfördernder Maßnahmen (Mangold & Kreyer, 2006), haben jedoch zugleich eine der höchsten Fehlzeitraten (Gesundheitsreport der TKK, 2013). Im Projekt PräTrans wurden zwar die Berater der Handwerkskammern und Innungen zu ihrer Einschätzung, welche gesundheitlichen Themen für handwerkliche Unternehmer relevant sein könnten, interviewt, jedoch wurden bisher kein Unternehmer der Baubranche direkt befragt. Daher möchte diese Studie hier eine Lücke schließen, und explorativ die Unternehmer handwerklicher Betriebe der Baubranche zum Thema Informationsstand und Erreichbarkeit befragen und mit den Ergebnissen der Einschätzungen der Berater von Handwerkskammern und Innungen abgleichen.

Gleichfalls weisen viele Studien auf die zentrale Rolle des Unternehmers und seinen persönlichen Umgang mit Gesundheit in der Umsetzung von gesundheitsfördernden Maßnahmen in kleinen Betrieben hin (siehe: Fromm & Pröll, 2008). Es ist außerdem bekannt, dass diese Berufsgruppe von äußerst hohen Arbeitsbelastungen geprägt ist (Martin, 2008). Leider haben sich bisher wenige Studien mit der Frage beschäftigt, wie Unternehmer mit dieser hohen Belastung umgehen und über welche inneren Ressourcen sie verfügen, um der Belastung standzuhalten. Wenn jedoch das persönliche Gesundheitsmanagement der Unternehmer ausschlaggebend für die Umsetzung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements ist, so könnten die persönlichen Ressourcen der Betriebsinhaber auch wegweisende Anknüpfpunkte für die Berater der betrieblichen Gesundheitsförderung stellen. Sollten die Unternehmer andererseits über wenige persönliche Ressourcen verfügen, so können dementsprechende Parallelen zu Hindernissen in der Umsetzung einer BGF gezogen werden. Dementsprechend stellt sich die Frage ob kleinbetriebliche Gesundheitsförderung (KBGF) schlichtweg eine Frage der Persönlichkeit des Betriebsinhabers ist. Bezüglich der Beratung und Heranführung der Inhaber von kleinen Unternehmen an das Thema BGF würde dies bedeuten, dass es weniger um Informationsvermittlung per se geht, als darum, das individuelle Wertesystem jedes Unternehmers ansprechen zu können. Dies benötigt auf Seiten der Berater zwischenmenschliche Fähigkeiten, die weit über die Kommunikation von Möglichkeiten des BGF hinausgehen und mehr denen eines systemischen Beraters und Coachs entsprechen würden. Um diese Überlegungen näher zu untersuchen, bedarf es eines geeigneten Tests, der Rückschlüsse auf persönliche Unterschiede im Umgang mit Belastung erlaubt, und dessen Ergebnisse mit dem ausgedrücktem Interesse und Informationsstand der Unternehmer abgeglichen werden kann.

Basis der empirischen Analyse der vorliegende Arbeit sind demnach zwei Fragebogenverfahren, wobei der erste sich mit der Erreichbarkeit und den Interessen der Unternehmer beschäftigt, während der zweite Aufschlüsse über den persönlichen Umgang mit Belastung gibt. Hierbei wurde folgendes Vorgehen gewählt:

Nachdem die Grundbegriffe definiert, und die Ausgangslage der Zielgruppe in Kapitel 2 dargestellt werden, beschäftigt sich Kapitel 3 mit der Frage welche bisherigen Erkenntnisse zur Umsetzung von BGF in handwerklichen Betrieben schon gewonnen wurden. Daraus werden die wichtigsten Fragen der vorliegenden Studie abgeleitet. Kapitel 4 beschreibt die methodische Vorgehensweise der Arbeit, während in Kapitel 5 die Resultate der Befragung und der statistischen Analyse dargestellt werden. In Kapitel 6 werden, unter Berücksichtigung der bestehenden Literatur, die Ergebnisse auf ihre Bedeutung diskutiert und mögliche Implikationen für die Beratung der Unternehmer erörtert. Kapitel 7 beschreibt denkbare Handlungsempfehlungen die sowohl Unternehmer als auch Berater in der Umsetzung von BGF unterstützen könnten.

Diese Arbeit ist eine explorative Studie, die naturgemäß dem Anspruch einer umfassenden, repräsentativen Studie nicht genügen kann. Sie erlaubt jedoch Tendenzen zu erkennen, und, unter Miteinbeziehung von bereits gewonnenen Erkenntnissen, das Thema Erreichbarkeit der Unternehmer aus einem anderen Blickwinkel zu beleuchten. Mit der vorliegenden Arbeit liegt ein Versuch vor, den Fokus in der Frage der Kommunikation von KBGM vom „Wer?“ (Transferpotentiale der Kammern) und „Was?“ (Interessante Themen für Kleinbetriebe) um die Frage des „Wie?“ zu erweitern, und damit die Potentiale in der Art und Weise der Kommunikation gesundheitlicher Themen von Beratern zu Unternehmern aufzudecken.

.
Gefällt dir was du siehst? Teile es!

Kommentare

Registeren oder anmelden um zu kommentieren.