Fachrbeit zu Ovids Mythos Narziss und Echo (Auszug)

Narziss (lat. Narcissus) ist der griechischen Mythologie zufolge Sohn der Wassernymphe Leiriope, welche vom Flussgott Kephisos geschwängert wurde. Ihm wurde vom Seher Teiresias nur dann ein erfülltes Leben vorausgesagt, sollte er sich nicht selbst erkennen („si se non noverit“). Narziss wuchs zu einem schönen Jüngling heran, welcher von Frauen sowie Männern begehrt wurde. Doch eingenommen von seiner eigenen Schönheit und seinem Stolz, wies er all seine Verehrerinnen und Verehrer kaltherzig zurück.

Erstellt von Stenderman vor 8 Jahren
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Dieses Schicksal widerfuhr auch der Bergnymphe Echo, welche sich beim Spiel auf den Wiesen in den Schönling verliebt hatte. Sie war jedoch nicht mehr in der Lage richtig zu sprechen, da Hera (Schwester und Gattin des Zeus) herausgefunden hatte, dass Echo von Zeus beauftragt worden war, sie mit dem Erzählen von Geschichten abzulenken, während sich Zeus mit anderen Frauen vergnügte und Echo deshalb zur Strafe der Sprache beraubte und ihr lediglich die Fähigkeit, die letzten an sie gerichteten Worte zu wiederholen ließ. Somit war die Nymphe nicht mehr fähig Narziss ihre Liebe zu gestehen und wurde von ihm wie so viele andere abgewiesen, nachdem er ihre Umarmung abwehrte. Gekränkt verbarg sich Echo in einer Höhle, nahm keine Nahrung mehr zu sich und starb schließlich. Das Einzige, was von ihr übrig blieb, waren Gebeine, welche sich schließlich in Fels verwandelten und nur noch das Echo zurückwarfen.

Nachdem Narziss weitere Verehrerinnen und Verehrer zurückgewiesen hatte, flehte einer von ihnen zu den Göttern, dass Narziss das gleiche Schicksal, die Qualen unerwiderter Liebe ertragen zu müssen, widerfahren sollte. ­Nemesis, die Göttin des gerechten Zorns, kam diesem Wunsch daraufhin nach und sorgte dafür, dass Narziss mit „unstillbarer Selbstliebe“ gestraft wurde. Und so verliebte er sich, nach dem er sich durstig vom Jagen an einer Wasserquelle niedergelassen hatte, in sein eigenes Spiegelbild und versuchte vergeblich dieses zu berühren und zu küssen.

Neben Ovids Metamorphose gibt es jedoch auch noch andere Überlieferungen, in denen eine konkrete Person benannt wird, welche die Götter bat, Narziss zu bestrafen. Hierbei handelt es sich um seinen Verehrer Ameinios, dem der Schönling ein Schwert zukommen ließ, mit welchem dieser sofort Selbstmord beging, nachdem er die Götter gebeten hatte, seinen Tod zu rächen.

Zum Ende des Narziss Mythos‘ existieren ebenfalls verschiedene Versionen. Ovid zufolge verzweifelte der Jüngling an seinem Schicksal und erstach sich selbst mit einem Dolch, nachdem er die Unerfüllbarkeit seiner Liebe erkannt hatte. Als die Nymphen, die um ihn trauerten, ihn beerdigen wollten, fanden sie allerdings keinen Leib mehr, sondern lediglich eine gelbe Blume, die Narzisse, an der Stelle seines Todes vor.

Eine andere Version besagt, dass sich Narziss der Unerfüllbarkeit seiner Liebe bewusst wurde und sich infolge dessen mit einem Dolch das Leben nahm. Der Erde, die durch sein Blut getränkt wurde, entsprang daraufhin eine Narzisse.

Des Weiteren bestehen Überlieferungen, die den Mord an Narziss durch einen weiteren Verehrer namens Ellops, dessen Liebe ebenfalls nicht erwidert wurde, zum Inhalt haben. Doch auch hier findet die Verwandlung zu einer Narzisse statt.

Zudem berichtet eine weitere Version, dass Narziss sich mit seinem Spiegelbild zu vereinen versuchte und dabei ertrank. Da die Götter dennoch nicht wollten, dass er in Vergessenheit geriet, verwandelten sie ihn in eine Blume.

Der Jüngling Narziss wurde demnach dafür bestraft, dass er die Liebe anderer nicht erwiderte und diese seinetwegen freiwillig aus dem Leben schieden. Die göttliche Ungnade, die ihm deshalb zuteilwurde, sorgte also dafür, dass Gleiches mit Gleichem vergolten wurde. Doch trifft dieses Talionsgesetz, welches auch heute noch in einigen fragwürdigen Gesellschaften eine geltende Regel der Entschädigung für Unrecht darstellt, tatsächlich auf diesen Sachverhalt zu? War Narziss bereits vor seiner Bestrafung ein ignoranter Herzensbrecher, der unfähig war, andere zu lieben, weil er sich womöglich selbst liebte? Für die Beantwortung dieser Fragen soll der Mythos „Narziss und Echo“ nun im besonderen Hinblick auf Persönlichkeit des Narziss analysiert werden.

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