Emil Nolde, Bäume an der Wiedau

Emil Nolde, Bäume an der Wiedau, um 1924, 34,5x48,5cm, Aquarell und Tusche auf Japanpapier

Emil Nodes Bäume an der Wiedau ist ein wichtiger Bestandteil der laufenden Ausstellung Emil Nolde Maler-Graphik und Ungemalte Bilder in der Kunsthalle Emden.

Erstellt von OGer vor 8 Jahren
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Sein Schaffen ist geprägt von einem unverwechselbaren Stil und einer Vielfalt im Ausdruck. Vor allem seine Aquarelle ragen mit ihren leuchtenden Farben hervor und verfügen über eine schlichte, doch ergreifende Eleganz, so auch im vorliegenden Werk: Ufer Gras und Bäume sind nicht als Gegenstände malerisch ausgestaltet, sondern in ihrer Form reduziert.

Dennoch, und da zeigt sich die Größe von Nolde, erscheint das Dargestellte lebendig und bewegt. Die Bäume winden sich in den Himmel empor als strebten sie nach der Sonne. Wind fährt durch das Blattwerk und lässt die mächtigen Stämme sich biegen, deren Wurzeln sich im Erdboden festkrallen – fast meint man das Rauschen der Wipfel und das Knarren des Holzes zu vernehmen und die frische, salzgetränkte Luft des friesischen Flachlandes zu schmecken. Am Boden, im Windschatten der Bäume, sind saftgrüne Grasbüschel und rot blühende Blumen zu erkennen, die, geschützt durch das benachbarte Holz, eine gemächliche Ruhe ausstrahlen. Zwischen den Baumstämmen hindurch erstreckt sich der Blick bis zu dem mit schweren Wolken verhangenen Horizont. Hier offenbart sich die Einzigartigkeit der Landschaft: Kein Berg, keine Erhebung bremst das Auge. Es wandert immer weiter und verliert sich in der Unendlichkeit.

Dies kann durchaus als Hinweis auf das mystische, das göttliche Element in der Natur verstanden werden, das Nolde aus der Verborgenheit lösen und für jedermann erkennbar machen wollte. Die schier unendlichen Weiten, die drohend heraufziehenden Wolken, der mächtige Wind und die den Naturkräften trotzenden Bäume, all dies verdeutlicht die Urgewalt einer Schöpfung, neben der der Mensch klein und schwach wirkt. Obwohl sich Nolde viele Gedanken über die Kunst gemacht hat, sind seine Werke – wie alle expressionistische Kunst – keine intellektuellen Konstruktionen, sondern aus einem tiefen inneren Gefühl heraus entstanden, bei dem nicht zu Unrecht gerne auf Noldes Religiosität verwiesen wird.

Seine größte Inspiration zog der nordfriesische Maler aus der urwüchsigen Natur seiner Heimat. Verbrachte Nolde auch die Winter gerne im Trubel der Hauptstadt Berlin, wirklich arbeiten konnte er nur in seinem Haus in Utenwarfen und später in Seebüll. In der unberührten, ursprünglichen Gegend Nordfrieslands konnte er am besten die Seele der Natur, das, was sie ausmacht, empfangen und in seine farbenprächtigen Bilder bannen. Noldes Ziel war, diese nichtsichtbare Urkraft in seinen Werken zu offenbaren, nicht eine wirklichkeitsgetreue Wiedergabe des Sichtbaren.

Der 1867 als Emil Hansen geborene Maler wuchs im nordfriesischen Ort Nolde auf, dessen Namen er nach seiner Hochzeit 1902 als seinen eigenen annahm. Nach einer ersten Ausbildung zum Schnitzer und Zeichner widmete er sich intensiver der Malerei. Um seiner Heimat näher zu sein und sich besser auf sein Schaffen konzentrieren zu können, erwarb Nolde 1912 Utenwarf. Obwohl diese Region nach dem Ersten Weltkrieg Dänemark zugesprochen wurde, lebte der Maler hier noch eine ganze Weile. Erst 1926 zog er dann nach Seebüll, wo er am 13. Aprill 1956 verstarb. Innerhalb der Sammlung der Kunsthalle Emden nimmt Emil Nolde eine besondere Stellung ein, gehören seine Werke doch mit zu den ersten, die Henri Nannen erwarb, und bilden damit sozusagen einen Grundstein für die heutige Einrichtung.

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