EU-Flüchtlingspolitik - extraterritoriale Kontrollen (Auszug!)

Erstellt von Lektorin vor 7 Jahren
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Das Recht auf Asyl sichert Menschen unter bestimmten Bedingungen und unabhängig von ihren finanziellen Mitteln Schutz zu. Der Visakodex stellt Kriterien für eine Einreiseerlaubnis auf, die maßgeblich an finanzielle Möglichkeiten gebunden sind. Muss für einen erfolgreichen Visumantrag der Wille zur Rückreise in das Herkunftsland nachgewiesen werden, soll in einem Asylverfahren glaubhaft gemacht werden, warum eine Rückreise nicht zumutbar wäre. Über die Visumvergabe wird bereits im Herkunftsland entschieden, der Asylantrag kann hingegen in der Regel erst an der Grenze oder auf dem Territorium des Zielstaates gestellt werden. Auch wenn die Visumpolitik nicht per se als Exklusion von Flüchtenden oder Asylsuchenden gedacht ist, können sie doch im Widerspruch zueinander stehen; so kamen Untersuchungen der Visumspolitik der Europäischen Union zu dem Ergebnis, dass aufgrund der extraterritorialen Grenzkontrollen im Herkunftsland bereits eine Zurückweisung stattfindet, die gegen das non-refoulement Prinzip, also das Nichtzurückweisungsgebot, verstößt (vgl. Noll 2005; Lax 2008). Autoren wie Lax oder Noll postulieren, dass die Ablehnung eines Visumantrags den Asylsuchenden bereits die Anreise verwehrt und somit den Zugang zu dem Recht auf Asyl unmöglich macht, wodurch sie gegebenenfalls Menschenrechtsverletzungen ausgeliefert werden - diese wären somit als Folge der Visumspolitik zu verstehen und könnten infolgedessen als Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtzurückweisung gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention gedeutet werden  (vgl. Noll 2005, 547).

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Die Notwendigkeit von Grenzkontrollen steht selbstverständlich auch für den UNHCR außer Frage, dennoch weist dieser auf die Gefahr hin, dass Schutzbedürftige aufgrund der Kombination der extraterritorialen Grenzkontrollen - Visumpflicht und Carrier Sanctions - Menschenrechtsverletzungen ausgeliefert werden können und die Zielstaaten somit durch die Verhinderung der Ausreise eines gegebenenfalls politisch Verfolgten gegen ihre Verpflichtungen zum internationalen Flüchtlingsschutz verstoßen.

Auch der Europarat hat bereits 1991 auf die Gefahren einer solchen Vorverlagerung des Grenzschutzes hingewiesen:

„Einige Länder haben Sanktionen gegen Fluggesellschaften erlassen, die die grundlegenden Prinzipien des Flüchtlingsschutzes und das Recht der Flüchtlinge auf Asylanträge untergraben, indem sie den Gesellschaften eine beträchtliche rechtliche, verwaltungstechnische und finanzielle Last auferlegen und die Verantwortung von den Einwanderungsbehörden wegverlagern.“ (Europarat 1991)

Die negativen Auswirkungen und potentiellen Gefahren einer solchen Verzahnung der extraterritorialen Maßnahmen im Hinblick auf den Flüchtlingsschutz sind somit unstrittig. Bekenntnissen zu der Genfer Flüchtlingskonvention,  auf die im betreffenden Artikel 26 des Schengener Durchführungsabkommen explizit verwiesen wird, steht eine engmaschige Abschirmung der territorialen Grenzen und somit eine möglicherweise unüberwindbare Barriere für Schutzsuchende gegenüber.

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