Textkritik zu „Microcredit, money transfers, women and the Cameroon diaspora”

Im Artikel „Microcredit, money transfers, women and the Cameroon diaspora”, erschienen 2010 im Journal „Afrika Focus” erklärt, beschreibt und analysiert die Verfasserin Shirley Ardener das Prinzip von Rotating Savings and Credit Associations (ROSCA). Außerdem geht sie ein auf Accumulating Savings and Credit Associations (ASCRA) und Regular Savings and Credit Associations (RESCA). Im Vergleich der drei Formen geht dabei hervor, dass ROSCA die am weitesten verbreitetste Form von Microfinancing ist und Armut am effektivsten bekämpft.

Erstellt von yodal vor 8 Jahren
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ASCRAs und RESCAs sind Mikrokreditclubs, die häufig von NGOs unterstützt werden. Die Funktionsweisen von ROSCAs sind anders. Hierbei gründet man eine Vereinigung, bei der jedes Mitglied einen periodischen Beitrag zahlt und jedes einzelne Mitglied im periodischen Wechsel über den Gesamtbetrag verfügen darf.

Das interessante dabei ist, dass ROSCAs meistens höchst informell und häufig selbstverwaltet sind. Dadurch sind sie für viele Mitglieder aber auch transparenter und die Selbstverwaltung spart kosten.

Auf Seite 19 wird Bai Senghor zitiert, der Treuhandgesellschaften als Verbindung zwischen Banken oder Kreditgebern und ROSCA-Mitgliedern einführen möchte. Sein Ziel, ROSCA-Mitglieder zu Kreditwürdigkeit zu verhelfen ist sicherlich hilfreich. Jedoch könnten ROSCAs durch Treuhandgesellschaften auch teurer oder intransparenter werden. Außerdem liegt die Stärke von ROSCAs gerade in ihrer informellen Flexibilität, sich an Schwankungen des Marktes anzupassen und kurzfristig als finanzielle Absicherung für Mitglieder in Notsituationen zu wirken. Sollten Treuhandgesellschaften eingeführt werden, so ist eine effiziente Umsetzung also besonders wichtig und eine genaue Kontrolle von vertrauenswürdigen Organisationen oder Institutionen notwendig.

Auf Seite 18 berichtet Ardener von einer Konferenz der USAID aus dem Jahr 1994. Hier sei unter Anderem besprochen worden, wie us-amerikanische Bänker sich erhoffen, Erfahrungen bezüglich finanzieller Dienste für Arme aus Afrika auf die USA zu übertragen. Hierbei gilt es kritisch zu überprüfen, mit welchen Intentionen Organisationen wie die USAID in Afrika operieren und wer letztendlich von ihrer Arbeit profitiert; das einfache Volk oder große Unternehmen beziehungsweise afrikanische Länder, die USA selbst oder mehrere Seiten.

Des Weiteren ist fraglich inwieweit das im Artikel beschriebene informelle kamerunsiche Konzept auf andere Kulturen übertragbar ist. Die hohe Informalität, die anscheinend bei den meisten afrikanischen ROSCAs wirksam ist, kann zu Missbrauch führen. In Kamerun seien nur die sozialen Normen und Pflichten, Ehre und Ansehen eine Absicherung gegen Missbrauch. Nordamerikanische ROSCAs müssten sich gegebenenfalls anders organisieren und sich eventuell stärker an ROSCA-Strukuren aus Asien oder Großbritannien orientieren.

Wie ich aus eigenen Erfahrungen durch eine Reise ins östliche und südliche Afrika berichten kann, besteht noch eine weitere Form der Mikrofinanzierung, die ich in Kenia und Tanzania kennengelernt habe und die vermutlich auch in anderen Ländern existiert. Hierbei handelt es sich um Vereinigungen mehrerer Menschen aus einem Dorf, die jeweils nur über geringes Kapital verfügen. Sie nutzen ihr Kapital gemeinsam, um eine Investition auf niedrigem Niveau zu tätigen, wie beispielsweise eine Maismühle zu errichten. So entsteht zum einen Infrastruktur und zum Anderen erhält jeder der Partner einen regelmäßigen Profitanteil. Diese Form der Mikrofinanzierung lässt Ardener leider außer Acht.

Außerdem wäre es interessant, wenn Ardener tiefer auf die Geldüberweisungen per Mobiltelefon in Afrika eingegangen wäre. Wie geschieht der Geldtransfer von der kamerunischen Diaspora ins Heimatland? In einigen Ländern und vor allem in ländlichen Regionen nutzen nur wenige Menschen Banken beziehungsweise haben keinen Zugang zu ihnen. Fast jeder Mensch besitzt jedoch ein Mobiltelefon. In Hargeysa in Somalia konnte ich beobachten wie häufig kleinste Geldmengen per Handy überwiesen wurden, da das Bankensystem nur sehr schwach entwickelt ist. Hier ist ein völlig neuer und noch wachsender Markt entstanden, der eine große strukturelle Differenz zur euro-amerikanischen Sichtweise darstellt und den es zu erforschen gilt.

Abschließend lässt sich sagen, dass Ardener die Eigenschaften und Funktionsweisen von ROSCA recht umfassend darstellt und mit sehr anschaulichen Beispielen aus der kamerunischen Diaspora arbeitet. In Anbetracht der bisherigen Erfolge und des Potenzials der ROSCAs lässt sich Ardeners Optimismus bezüglich der Armutsbekämpfung durchaus nachvollziehen.

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