Beispieltext: Hauptseminar in Philosophie

… Gemäß Henri Bergson lösen sich freie Entscheidungen enthoben von jedweder herkömmlichen Kausalität einzelner Ursachen aus der qualitativen Mannigfaltigkeit der Affekte des Ich. Hier expliziert sich der Gegensatz zu den Naturwissenschaften deutlich, in denen die Welt bestimmbar, messbar und begründbar erscheint.

Erstellt von Pythagoras vor 12 Jahren
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Unsere Kernfrage ist demnach: Ist die Freiheit der Entscheidung eine Illusion? Wenn ja, muss dieser Illusion ggf. dennoch ein eigenes Sein zugesprochen werden?

Betrachten wir Sartres Einwendungen gegen das Modell Bergsons (Das Sein und das Nichts, S. 58): Sartre kritisiert hier den Gedanken der „Gleichzeitigkeit“ oder auch der „Zeitlosigkeit“ der Dauer im Hinblick auf die Bewusstseinszustände und Affekte der Vergangenheit und der Gegenwart. Entweder sei Vergangenes vergangen und damit Nicht-Sein oder eben doch gegenwärtiges Sein, woraus sich ein Widerspruch ergebe. Seien die Elemente des Organismus verschiedener Bewusstseinszustände miteinander verschmolzen, so fehle in Bergsons Gedankengebäude die korrekte Sicht auf den Organisationsakt der Verschmelzung. Wenn die organisierte Einheit etwas Gewordenes sei, sei sie auch etwas Zeitliches, das heißt letztlich nur eine Art Zellstruktur oder Zeitzelle. Das Problem der Freiheit könne daher durch Bergsons Modell nicht gelöst werden.

Nach Sartre bedürfen wir der Synthesis als apriorischem, vereinigendem Akt, der unabhängig von den Naturgesetzen ist. Die Synthesis konstituiert die Vielheit, die durch sie zur bestimmten und bestimmbaren Vielheit wird. Indem sich das Für-Sich auf die reale Vielheit des An-Sich bezieht, das heißt im Sinne Heideggers existiert, expliziert es sich, verzeitigt es sich. Die Verfielfachung des Für-Sich erfolgt jedoch, ohne über sich selbst hinauszugehen, die Zeitlichkeit bleibt Innenstruktur des Für-Sich. Zugleich ist es Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft, zeitlich allein deshalb, weil es sich negiert. Der vereinigende Akt liegt dabei nicht im An-Sich, sondern im Für-Sich; dort allein zeigt er sich als Nichtung. Die Unterscheidung zwischen An-Sich und Für-Sich konstituiert erst die Nichtung im Für-Sich. An-Sich-Sein kann demnach als zerstreute Vielheit nicht isoliert von einem Für-Sich-Sein gedacht werden. An-Sich Sein ist daher zwangsläufig auch zeitlos….

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